Schriller texten und schneller auf den Punkt kommen

09.06.22

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Wollen Unternehmen über das Videoportal TikTok junge Zielgruppen erreichen, müssen sie ihre Inhalte anders aufbereiten. Social-Media-Experte Dominic Stöcklin* über den richtigen Zeitpunkt und veraltete Webauftritte.


Redaktion/Interview: etextera, Agentur für Text und Design

Herr Stöcklin, warum sollten Unternehmen in ihrer Social-Media-Marketing-Strategie die Teenie-App TikTok im Blick haben?
Social-Media-Portale sollte man immer beobachten, wenn sie beginnen zu wachsen. In der Regel springen zuerst User auf und in einem zweiten Schritt auch Unternehmen. Bei TikTok kommt hinzu: Die Plattform ist das erste Video-Portal, das rein für die Smartphone-Nutzung konzipiert worden ist. Damit trifft TikTok den Nerv der Zeit.

Für welche Unternehmen lohnt es sich, bei TikTok aktiv zu sein?
Für sämtliche! Die Frage lautet eher: Ist der Zeitpunkt für das betreffende Unternehmen schon reif? Verfügt es etwa über geeigneten Content? Unternehmen, die bereits auf den gängigen Social-Media-Plattformen präsent sind und diese sicher bespielen, können mit TikTok den nächsten Schritt wagen.

Laut einer Studie aus dem Jahr 2020 haben drei Viertel aller Schweizer Jugendlichen im Alter von 12 bis 19 Jahren einen TikTok-Account. Weltweit sind gut zwei Drittel der TikTok-Nutzenden unter 30. Lohnt sich ein Engagement auf der Plattform also hauptsächlich für Unternehmen, die junge Menschen im Fokus haben?
Das würde ich so nicht sagen. Altersstrukturen auf Social-Media-Plattformen verändern sich schnell. Insbesondere für Unternehmen, die Zielgruppen von morgen ansprechen wollen und Markenbildung im Sinn haben, ist TikTok heute schon sehr interessant. Ausserdem können Firmen hier schon mal üben, wie sie in ein paar Sekunden und in Hochformat Geschichten erzählen.

Unternehmen brauchen für TikTok geeigneten Content

Worauf ist dabei zu achten?
Unternehmen brauchen für TikTok vor allem zusätzliche Inhalte. Content von anderen Plattformen einfach zu transferieren, funktioniert hier nicht. Das Ganze darf auch nicht werberisch sein, stattdessen gilt es, Usern einen Mehrwert zu bieten. Ausserdem ist wichtig: Schalten Unternehmen auf TikTok Werbung, sollten sie unbedingt auch ihre Website miteinbeziehen.

Wie meinen Sie das?
Angenommen, Ihr Unternehmen hat einen tollen TikTok-Auftritt. Gelangen User von dort jedoch auf eine alte Landingpage, ist das schlecht. Deshalb müssen Sie auch Ihren Webauftritt anpassen, in dem Sie zum Beispiel schriller und einfacher texten und schneller auf den Punkt kommen. Unternehmen sollten also weiterdenken und ihren gesamten Auftritt im Blick haben.

Welche Schweizer Unternehmen machen das bereits gut?
Coop zum Beispiel, junge Medienunternehmen wie Energy oder Klassiker wie Red Bull Schweiz. Insgesamt sind schon recht viele Unternehmen dabei.

Über TikTok die Jüngeren erreichen, über Facebook die Älteren 

Die Video-Plattform steht allerdings auch immer wieder in der Kritik wegen mangelnden Datenschutzes. Ihr wird vorgeworfen, dass sie die Privatsphäre ihrer Nutzenden nicht ausreichend schützt.
Man sollte TikTok hier nicht isoliert betrachten, sondern den Blick auf alle Social-Media-Plattformen richten. Idealerweise ist Usern klar, was mit ihren Daten passiert. Dann können sie selbst überlegen: Möchte ich auf Plattform A oder B unterwegs sein? Diese Entscheidung sollte beim Individuum liegen und nicht bei irgendeiner Regulierungsbehörde.

Wie lange wird die Beliebtheit der Video-Plattform noch anhalten? Bei Facebook schwindet die Popularität ja bereits, oder?
Ich schätze, TikTok wird bleiben. War Instagram die erste Plattform, auf der alle Nutzenden ohne Vorwissen spannende Fotos publizieren konnten, bietet TikTok das Gleiche für Videos. Damit liegt das Portal voll im Trend. Doch auch Facebook ist als Werbeplattform für Unternehmen noch interessant – vielleicht nicht mehr primär, um Jugendliche und junge Erwachsene anzusprechen. Um aber ältere Zielgruppen zu erreichen, bietet Facebook nach wie vor viele Möglichkeiten.

 

Zur Person
*Dominic Stöcklin ist Social-Media-Experte und arbeitet an digitalen Kommunikations- und Marketingprojekten. Daneben leitet er an der HWZ Hochschule für Wirtschaft Zürich die Studiengänge CAS Social Media & Content Marketing sowie CAS Digital Marketing Pro.